14 Nov Namaste aus Nepal
Die ersten Schritte unserer Weltreise setzten wir „dem Himmel so nah“ auf der Trekkingtour am Annapurna Circuit in Nepal
Anfang Oktober 2018 war es endlich soweit! Mein Freund Grüni und ich verabschiedeten uns von unsere Heimat Wien und riefen vorfreudig, aufgeregt und ungläubig:
„Hello world, here we come!”
Darauf antwortete Nepal laut mit einem freundlichen, lächelnden „Namaste“, als wir in Kathmandu landeten. Die ersten Minuten verliefen jedoch schon einmal so, wie man es sich gewiss nicht für den Beginn einer Weltreise wünscht:
- Unsere praktische, reuseable Wasserflasche schien im Flugzeug beim Herausnehmen des Handgepäcks herausgefallen zu sein. Nun ja, dieser Verlust verkraftbar!
- An der Gepäckkontrolle (ja, die gibt es in Nepal tatsächlich auch NACH der Ankunft) stand das Fach meines kleinen Rucksacks offen. Dies war zu diesem Zeitpunkt noch der Ort, an dem sich meine Brieftasche, inklusive aller Kreditkarten, Ausweise sowie US-Dollar befunden hatten. Das Fach war nicht nur offen, sondern leer! Im Schock rief ich panisch dem Security-Mann ins Gesicht: „We were burglared!“ Jegliches Gespür für Sprache schien mir wohl in dieser Ausnahmesituation abhanden gekommen zu sein. Ich hatte den Gedanken, dass wir gleich wieder umkehren und nach Hause fliegen könnten – noch bevor unser Abenteuer richtig begonnen hatte… Dann griff ich in meinen Umhängebeutel (ja, wir hatten zu diesem Zeitpunkt wirklich viel Gepäck 😉 ) und fand die Brieftasche. Ich musste sie beim Visumsantrag gedankenverloren dorthin gepackt haben.
Noch einmal Glück gehabt!
Erleichtert marschierten wir aus dem Flughafen-Areal und wollten nun noch die wiedergefundene Brieftasche mit den ersten nepalesischen Rupien füllen. Doch: keiner der drei vorhandenen ATMs funktionierte, alle „out of order“! So mussten wir bargeldlos zu Fuß die ersten Meter in Richtung Stadt zurücklegen und wurden fast erschlagen von einer Duftwolke aus Staub und Abgasen, gepaart mit einer Geräuschkulisse aus lautem Gehupe und quietschenden Bremsen der Fahrzeuge. Die Stadt hieß uns authentisch willkommen!
Richtig warm wurden wir in den ersten drei Tagen nicht mit Kathmandu, auch wenn wir durch das Wohnen bei einer herzensguten, liebenswürdigen und großzügigen Couchsurfing-Familie einen sanften Einstieg erlebten, etwas abseits vom Großstadttrubel. Kathmandu war ohnedies nur Zwischenstation für uns und nicht das Ziel unserer Nepal-Reise. Wir wollten in die Natur und – wie der Großteil der Nepal-Reisenden – trekkend Land und Leute kennenlernen.
Bis zum Himalaya möchte ich mit dir gehen…
Gemäß dem Titel des Austropop-Hits „Bis zum Himalaya“ von Tom Pettings Hertzattacken ging es los in Richtung Besi Sahar, dem Ausgangspunkt für den Annapurna Circuit Trek. Neun Stunden abenteuerliche und schaukelnde Busfahrt für eine 150km lange Strecke! Danachn war uns klar: unsere eigenen Beine sollten ab sofort das einzige, treue und umweltschonende Fortbewegungsmittel sein.
„Up, up, up“ hieß unser Motto – jeden Tag weiter, dem Thorung La Pass, der zu den höchst gelegensten Pässen der Welt gehört, entgegen. Die ersten zwei Tage waren für mich die anstrengendsten: die Gewöhnung an den schweren Rucksack, das in den tieferen Lagen noch drückend schwüle Klima, die starke Sonneneinstrahlung, die vielen Etappen an der staubigen, befahrenen Straße entlang. Doch schon bald änderte sich dies und wir waren in unserer Trekkingroutine angekommen!
- 6 Uhr morgens aufstehen, anziehen und Zähne putzen
- frühstücken
- spätestens um 7 Uhr Abmarsch
- je nach Tagesetappe mittags oder nachmittags im nächsten Guesthouse ankommen
- hot shower (falls gratis vorhanden und wirklich heißes Wasser verfügbar war)
- Sonne genießen und aufsaugen, um davon in den kalten Abendstunden zu zehren
- stundenlanges Karten spielen, um uns die Zeit zu vertreiben
- Abendessen: fast täglich gab es „Dhal Bhat“, das nepalesische Nationalgericht, denn wir lernten „Dhal Bhat Power – 24 hour!“
- spätestens um 20 Uhr ins Bett, zugedeckt mit bis zu drei Decken und Schlafsack (Ich fühlte mich wie die Prinzessin auf der Erbse…ähm, unter den Decken 🙂 )
Nach wenigen Tagen realisierte ich, WIE befreiend diese Reise war, wie erleichternd es sich anfühlte, den Alltag so auf das Notwendig(st)e reduziert zu haben. Kein vollgepacktes Tagesprogramm, keine langen To Do Listen, die selbst abends noch einige zu erledigende Punkte enthielten, kein inneres Gefühl der Überforderung durch Stress und Hektik im Alltag. Wir waren im Reisemodus angekommen, bei uns angekommen!
Impressionen von unserer 14-tägigen Annapurna Circuit Tour
Tag 1 der Trekking Tour: Nein, das sind keine Wolken im Hintergrund – das sind BERGE!
Room with a view – wir können uns nicht satt sehen an diesen Ausblicken auf die majestätischen, schneebedeckten Berge
We go trekking good together – wir sind ein gutes Team!
Und wenn der Weg nicht weitergeht, dann suche ich mir meinen Weg!
Selbstgemachte Leinsamen Cracker und ein Kärntner Apfel haben es als Proviant den Weg bis auf 4700m geschafft
Blick auf den Tilicho Lake – eine magischer Aussicht auf über 5000m
Und dann hatten wir es geschafft – dem Himmel so nah!
Es ist kaum in Worte zu fassen, wie wir uns an diesem Tag fühlten. Bei sternenklarem Himmel waren wir in der Früh um 4.20 Uhr aufgebrochen. Eine „Stirnlampenkarawane“ ist mit uns vom Base Camp aus den supersteilen Berg hinaufgestiegen, wir Schritt für Schritt dem hohen Pass entgegen. Das Atmen fiel so schwer wie nie zuvor. Die Luft in dieser Höhe unglaublich dünn und trocken. Jeder Schritt tat weh. Die Luft wollte nicht richtig in die Lunge, Übelkeit vor Anstrengung und Anspannung! Der Schnee, der am Abend zuvor gefallen war, blieb zum Glück nicht liegen. Perfekte Bedingungen also, wenn auch eiskalt bei ungefähr -15 Grad Celcius. Wir zogen alle Schichten Klamotten an, die wir mit uns hatten. Trotzdem – die Hände fühlten sich an wie eingefroren! Und dann ging langsam die Sonne auf. Die Kulisse einfach unbeschreiblich: die schneebedeckten Berge des Himalayas, so majestätisch thronend, von überwältigender Schönheit! Wir fühlten uns dem Himmel so nah, während die letzten Sterne noch beschützend über uns wachten.
Und dann waren wir tatsächlich da– auf 5416m! Am 24.Oktober, genau fünf Jahre nach meinem bisherigen größten Erfolg, meiner Diplomprüfung in Psychologie, hatte ich die mit Abstand für mich tougheste Leistung geschafft: den Thorung La Pass in Nepal auf 5416m überquert! Mir kamen die Tränen vor Erleichterung und Dankbarkeit. An Tag 13 unserer Trekking Tour gingen wir also über den Pass. Es fühlte sich außerordentlich schön und auch ein bisschen übernatürlich an!
Die 1700 Höhenmeter auf der anderen Seite des Passes hinunter in den nächstgelegenen Ort waren für die Knie und den gesamten geschwächten Körper heftig. Zusätzlich fiel die Anspannung ab, im Kopf herrschte Leere. Doch nach vier weiteren Stunden waren wir – anscheinend als eine der ersten an diesem Tag – in Muktinath angekommen, unserer vorletzten Station am Trek.
Zeit für Erholung und Entspannung – feels like home in Pokhara
Nach 14 Tagen täglichem Weiterwandern gönnten wir uns schließlich drei Tage zur Erholung und Entspannung in der sympathischen, an einem großen See gelegenen Stadt Pokhara. Es wurde auch Zeit! Dort fühlten wir uns in unserem Airbnb Apartment das erste Mal auf dieser Reise ein bisschen wie zu Hause. Selber zu kochen, richtig zu duschen statt Katzenwäsche, in eine weiche Bettdecke gekuschelt nicht frierend (!) zu schlafen, ein gemeinsames Sonntagsfrühstück zu zelebrieren, endlich wieder Vitamine zu essen,… wir wussten all dies nun wieder richtig zu schätzen! Die Stadt lud wahrlich ein zum Nichtstun, gut essen gehen, am Seeufer entlang spazieren, sich massieren lassen, etc. Die Anstrengung und Anspannung war abgefallen, es mischten sich aber auch Gefühle der Erschöpfung und Leere hinzu. Wohl ganz normal nach so einer Tour…
Und so haben wir in Pokhara einen wohltuenden, wichtigen und wertvollen Ausklang unseres ersten Reiselandes verbracht und dabei Resumé gezogen.
Unsere Best 4 „Einzigartigkeiten und Eigenheiten“ aus Nepal
SLOWLY, SLOWLY
Dies war nicht nur unsere Devise, um den Trek ohne Symptome von AMS (Acute Mountain Sickness) erfolgreich zu bewältigen und mit ausreichend Kraftreserven den Aufstieg auf 5416m zu absolvieren. Unfassbar langsam kommt man in Nepal auch von A nach B. Für knapp 150 Kilometer braucht man bei den dortigen Straßenverhältnissen zwischen 8 und 10 Stunden! Bei uns in Europa würden die durch Hangrutschungen instabilen und durch den Monsun ausgewaschenen „bumpy roads“ sich niemals das Prädikat „befahrbare Straßen“ verdienen.
Slowly, slowly – der Rücken wünscht sich immer wieder eine Pause zur Entlastung
NEPALESISCHES NATIONALHOBBY: ZÄHNE PUTZEN
Egal zu welcher Tageszeit und bei welchen noch so unhygienischen Verhältnissen in den abgelegendsten Orten: die Nepalesen waren ständig am Zähneputzen. Und auch die (meist morgens) gefrorenen Wasserleitungen konnten sie nicht von ihrer Leidenschaft abhalten. Das Wasser aus dem Fluss in den Bergen war wohl ohnedies sauberer!
FREANCH FREIS, SPAGITI und MUESELI
Auf dem von internationalen Trekkern gerne begangenen Annapurna Circuit fanden sich mittlerweile auf den meisten Speisekarten der Guesthouses und Restaurants viele westliche Speisen wieder. Schreibweisen wie „Freanch Freis“, „Spagiti“ oder „Mueseli“ wiesen manches Mal genauso viel Ähnlichkeit mit dem Original auf wie dessen Optik oder Geschmack.
FEELS LIKE HOME
Die schneebedeckten Gipfel, die auf Almwiesen (und Straßen) weidenden Kühe sowie das Panorama von Pokhara mit See und Bergen im Hintergrund erinnerte uns einige Male an unsere Heimat Österreich. Heimatgefühle in der Fremde, wie schön! Auch wenn wir nicht oft genug betonen konnten, dass unser Zuhause in den Alpen liegt. Und nicht die Heimat der Känguruhs ist…
Dieses Foto könnte auch aus den Alpen stammen – mit den „kleinen Unterschied“, dass die Berge doppelt so hoch sind wie der Großglockner
Mit diesem „Best of“ verabschiedeten wir uns aus Nepal und überquerten zu Fuß die Landesgrenze nach Tibet. „Andere Länder, andere Sitten“ – das mussten wir schon bald feststellen.
Der Reise-Bericht zum Nachlesen folgt in Kürze…
Keine Kommentare